Spieler, Schiedsrichter, TV-Experten und mehr: In der Fußball-EM steckt viel Brandenburg (2024)

Potsdam. Der erste Anpfiff naht. Und auch in Brandenburg wird dem Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland entgegengefiebert. Vor dem Auftaktspiel des Gastgebers am Freitag in München gegen Schottland gibt die MAZ einen Überblick darüber, was aus Brandenburg in dieser EM steckt.

Die Spieler: Robert Andrich, Maximilian Mittelstädt, Maximilian Beier, Marton Dardai

Gleich drei Fußballer mit märkischen Wurzeln stehen im DFB-Kader. Das gab es bisher noch nicht. Alle drei gelten als Überraschungen und Aufsteiger dieser Saison.

Robert Andrich gilt als fleißiger Arbeiter im Mittelfeld.

Quelle: IMAGO/Anke Waelischmiller/Sven Simon

Zum einen Robert Andrich. Der zentrale Mittelfeldspieler wurde mit Bayer Leverkusen deutscher Meister, gewann den DFB-Pokal und stand im Finale der Europa League. Andrich wurde in Potsdam geboren, begann beim FV Turbine Potsdam 55 mit dem Kicken und wuchs in Rehbrücke (Potsdam-Mittelmark) auf. Nach Stationen bei Hertha BSC, Dynamo Dresden, SV Wehen Wiesbaden, 1. FC Heidenheim und 1. FC Union Berlin wurde er in Leverkusen zum Nationalspieler, gab 2023 mit 29 Jahren erst sein DFB-A-Debüt. Bisher kommt Andrich auf fünf Einsätze, dürfte bei der EM aber neben Champions-League-Sieger Toni Kroos die deutsche Zentrale bilden.

Maximilian Mittelstädt jubelt über sein Tor gegen die Niederlande.

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Ebenfalls hohe Einsatzchancen hat Maximilian Mittelstädt, der in Falkensee (Havelland) aufgewachsen ist. Seit seinem Nationalelf-Debüt im März gegen Frankreich hat er als Linksverteidiger auch bei den drei weiteren Länderspielen in der Startelf gestanden, beim 2:1 gegen die Niederlande glänzte der 27-Jährige auch per Traumtor mit dem zwischenzeitlichen Ausgleich. Überhaupt dürfte sich derzeit vieles für Mittelstädt wie im Traum anfühlen. Vor einem Jahr verließ er noch Hertha BSC als Erstliga-Absteiger, ging zum VfB Stuttgart, stürmte mit diesem zur deutschen Vizemeisterschaft und schaffte so den Sprung in den Kader von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Trotz seines Elternhauses in Falkensee kickte Mittelstädt nie für einen Club aus der Gartenstadt. Er startete die Karriere beim SC Staaken, über Hertha 03 Zehlendorf führte sein Weg zu Hertha BSC.

Augen auf: Maximilian Beier machte im Testspiel gegen die Ukraine auf sich aufmerksam.

Quelle: IMAGO/Markus Ulmer

Ein Märker durch und durch ist Maximilian Beier. Er wurde in Brandenburg an der Havel geboren, spielte dort für den ESV Kirchmöser und Brandenburger SC Süd 05, ehe es ihn auf die Sportschule in die Lausitz und zum FC Energie Cottbus zog. Aus der Cottbuser Jugend ging es zur TSG 1899 Hoffenheim, wo dem Stürmer diese Saison – nach zwischenzeitlicher Ausleihe zu Hannover 96 II – der Durchbruch gelang. Der 21-Jährige glänzte in der Bundesliga mit 16 Toren bei 33 Einsätzen. Für die EM galt Beier zunächst als Streichkandidat im erweiterten Kader. Doch mit seiner beherzten Debüt-Vorstellung nach Einwechslung im Test gegen die Ukraine überzeugte er Nagelsmann. Beim Heim-Turnier könnte Beier als Joker für wertvolle Impulse sorgen.

Marton Dardai hat sich für eine Nationalteam-Zukunft mit Ungarn entschieden.

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Und wenn am Mittwoch in Stuttgart Deutschland auf Ungarn trifft, dann kommt gleich noch ein Brandenburger mit ins Spiel: Marton Dardai. Der gebürtige Berliner wurde fußballerisch in seinem Heimatort beim Seeburger SV 99 (Havelland) ausgebildet. Über den 1. FC Wilmersdorf ging es dann zu Hertha BSC, wo sein ungarischer Vater Pal Dardai Legendenstatus genießt und dieser ihn sowie seine Brüder Palko und Bence in der abgelaufenen Zweitligasaison noch als Trainer betreute. Marton Dardai, 22 Jahre alt, ist Defensivspieler und hatte erst Anfang dieses Jahres entschieden, fortan für Ungarn zu kicken und kam bisher dreimal im A-Team zum Einsatz – in der Jugend durchlief er die deutschen U-Nationalteams.

Die Schiedsrichter: Jan Seidel, Stefan Lupp

Auch für Schiedsrichter ist die Nominierung zu einem Großereignis eine riesige Auszeichnung. Und dass in den zwei deutschen Referee-Teams bei der EM gleich zwei Brandenburger Unparteiische stehen, ist auch eine beachtliche Quote. Sowohl Jan Seidel als auch Stefan Lupp werden als Schiedsrichterassistenten an den Seitenlinien zum Einsatz kommen.

Jan Seidel muss an der Seitenlinie alles im Blick haben.

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Seidel, der in Schwante (Oberhavel) lebt, gehört zur Crew von Hauptreferee Daniel Siebert (Berlin) und war schon bei der EM 2021 und WM 2022 im Einsatz. Lupp aus Zossen (Teltow-Fläming) zählt zum Gespann von Felix Zwayer (Berlin) und hat noch mehr Turniererfahrung: Konfed-Cup 2013, WM 2014 und 2018, EM 2016 und 2021.

Schiedsrichterassistent Stefan Lupp mit Xabi Alonso, Meistertrainer von Bayer Leverkusen.

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Die TV-Experten: Tabea Kemme, Steffen Freund, Ariane Hingst

Vier Wochen lang wird der Fußball maßgeblich das Geschehen in Deutschland mitbestimmen – gerade auch im Fernsehen. MagentaTV als Hauptrechtepartner, RTL, aber auch ARD und ZDF werden Spiele live übertragen. Hierbei wird es ebenfalls einen Brandenburger Anstrich geben. Mit Tabea Kemme, Steffen Freund und Ariane Hingst sind drei TV-Experten im Einsatz, die märkische Verbindungen haben. Kemme und Freund gehören zur gemeinsamen, großen Crew von MagentaTV und RTL, in der auch Ex-Nationalspieler Michael Ballack, Weltmeister Shkodran Mustafi sowie Fabian Reese (aktuell Hertha BSC) und Robin Gosens (aktuell 1. FC Union Berlin) eingeplant sind.

Olympiasiegerin Tabea Kemme in der Spielanalyse mit Rekordnationalspieler Lothar Matthäus.

Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Bahho Kara

Kemme wurde mit dem 1. FFC Turbine Potsdam deutsche Meisterin und Champions-League-Siegerin. Nach ihrem Karriereende hat sie sich als TV-Expertin profiliert. Schon bei der WM 2022 war sie für MagentaTV dabei, ist zudem für Amazon Prime Video und Sky tätig. Die 32 Jahre alte Olympiasiegerin von 2016 steht für klare Meinung und Haltung – so führte sie auch 2021 einen intensiven Wahlkampf um die Präsidentschaft bei Turbine, verlor letztlich aber knapp gegen den damaligen Amtsinhaber Rolf Kutzmutz.

Steffen Freund am Mikro bei einer Champions-League-Übertragung.

Quelle: Wolfgang Frank/Eibner-Pressefoto via www.imago-images.de

Freund ist seit Jahren Co-Kommentator bei RTL für Europapokal- und Länderspiel-Übertragungen. Als Aktiver wurde er Europameister 1996 sowie Champions-League-Sieger und Weltpokalsieger 1997 mit Borussia Dortmund, als Trainer führte er die deutsche U17 zu EM-Silber und WM-Bronze 2011. Freund stammt aus Brandenburg an der Havel, kickte dort zu Beginn seiner Karriere für die BSG Motor Süd und BSG Stahl. Heute lebt der 54-Jährige in Seeburg (Havelland).

Ariane Hingst wird die Spiele im US-Fernsehen beim Sender FOX analysieren.

Quelle: IMAGO/Uwe Koch

Wie Kemme zählte auch Hingst zu den prägenden Figuren in der Turbine-Potsdam-Geschichte. Die Doppel-Weltmeisterin spielte von 1997 bis 2007 für den Brandenburger Traditionsverein, erlebte den Aufschwung des Clubs hin in die Glanzzeiten mit. Bei der EM wird sie als Expertin aber nicht im deutschen, sondern US-amerikanischen Fernsehen zu sehen sein. Wie schon während anderer Großturniere zuvor wird sie bei FOX das Geschehen analysieren. Neben Hingst gehören auch der Italiener Giorgio Chiellini und Däne Peter Schmeichel zur Fox-Expertencrew. Abwehrkante Chiellini und Torwartlegende Schmeichel wurden selbst Europameister. Hingst spielte nie für ein Team aus den USA – ihre Karriere ließ sie in Australien ausklingen. Als Ex-Weltklassekickerin genießt sie in den USA, wo Frauen-Fußball einen hohen Stellenwert hat, aber große Anerkennung.

Die Gastgeberstadt: Neuruppin

Potsdam, Bad Saarow und Neuruppin: Drei Brandenburger Städte standen offiziell als Team-Standort bei dieser EM zur Verfügung – immerhin eine wurde ausgewählt. Ganz schnell hatte sich Kroatien für das Resort Mark Brandenburg in Neuruppin und das Volksparkstadion des dortigen MSV 1919 Neuruppin entschieden.

Die Begeisterung in der Fontanestadt ist groß, wie sich am Sonntag beim Willkommensfest und tags darauf beim öffentlichen Training zeigte. Für die Mannschaft um Ex-Weltfußballer Luka Modric wurde der Rasenplatz im Stadion seit Ende März gesperrt, gehegt und gepflegt. Die Aufgabe als Basiscamp wurde auch genutzt, um die Sportanlage infrastrukturell aufzuwerten. Mehrere zehntausend Euro wurden investiert.

Das kroatische Team tritt in der Vorrundengruppe B am 15. Juni gegen Spanien (18 Uhr, Olympiastadion Berlin), am 19. Juni gegen Albanien (15 Uhr, Hamburg) und am 24. Juni gegen Titelverteidiger Italien (21 Uhr, Leipzig) an.

Die Volunteers: Alexander Kahl & Co.

Die EM in Deutschland soll ein gelungenes Fußballfest werden. Ihren Teil dazu beitragen wollen insgesamt 16.000 Volunteers. Sie bringen sich ehrenamtlich bei der Organisation ein. Darunter sind auch Personen aus Brandenburg. So zum Beispiel Alexander Kahl vom FSV Grün-Weiß Niemegk (Potsdam-Mittelmark).

Alexander Kahl vom FSV Grün-Weiß Niemegk war unter anderem 2023 Volunteer beim DFB-Pokal-Finale 2023 im Olympiastadion Berlin.

Quelle: privat

Der 22-Jährige wurde in dem Bewerbungsverfahren unter den 146.000 Interessenten ausgewählt und wird bei allen sechs Spielen im Berliner Olympiastadion bei der Zeremonie vor dem Spiel eingesetzt, also auch beim Finale am 14. Juli. Allein 40.000 Bewerbungen gab es für die 1600 Stellen in Berlin.

MAZ