Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (2024)

Die Luft riecht metallisch. Es ist heiß. Es ist dunkel. Es ist laut. Nur durch zwei winzige Fenster fällt Licht in den vibrierenden Passagierraum – der eigentlich keiner ist. Den Komfort eines Linienflugzeugs sucht man in der Kabine der C-2A(R) Greyhound, in der wir zusammengepfercht auf unseren Plätzen sitzen, jedenfalls vergeblich. Aber das war auch nicht zu erwarten. Schließlich befinden wir befinden uns mitten im NATO-Manöver "Neptune Strike 23" in der Adria, auf dem weltgrößten Flugzeugträger USS Gerald R. Ford. Gleich geht es für uns zivile Gäste zurück nach Sizilien – und damit wir mit unserer Greyhound den Absprung vom nur knapp 333 Meter langen Flugdeck schaffen, wird uns das bordeigene Katapult der Ford beim Start von dannen schießen. Die meisten Passagiere sind – ob sie es nun zugeben oder nicht – nervös.

Unsere Highlights

Von der Brennstoffzelle bis zum A400M-TurbopropMTU Aero Engines auf der ILA
ESA-Satellit EarthCAREÜber den Wolken
Elektrische FlüsterfliegerWie laut sind Elektroantriebe?
Auf dem Weg zum ersten Strahlbomber der USAElegant aber erfolglos - Convairs Jet-Bomber XB-46
L-39 Albatros wird verlostGewinnen Sie einen echten Kampfjet - in den USA!
Hermeus testet Fighter-TriebwerkVollgas für privaten Hyperschalljet Quarterhorse
Nahe der russischen GrenzePolnische MiG-29 verliert Zusatztank im Flug
Von der Brennstoffzelle bis zum A400M-TurbopropMTU Aero Engines auf der ILA
ESA-Satellit EarthCAREÜber den Wolken
Elektrische FlüsterfliegerWie laut sind Elektroantriebe?
Auf dem Weg zum ersten Strahlbomber der USAElegant aber erfolglos - Convairs Jet-Bomber XB-46

Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (17)

Andrea Ege

Die Grumman C-2A Greyhound fliegt seit über fünf Jahrzehnten wichtige Fracht und Personal vom Festland auf die Flugzeugträger der US Navy.

Im Schatten der Fighter

Bei Manövern wie Neptune Strike 2023, mit dem die NATO ihre Stärke demonstriert und das komplexe Zusammenspiel zwischen alliierten Luft- und Seestreitkräften aus 13 Nationen übt, stehen normalerweise andere Flieger im Scheinwerferlicht – allen voran die F/A-18E/F Super Hornets, die von der USS Ford aus die gesamte Ostflanke der NATO erreichen können. Im Schatten dieser "Stars" sorgt die Grumman C-2A Greyhound seit Jahrzehnten zuverlässig für die Belieferung der US-Träger mit dringendem Nachschubmaterial vom Festland. Carrier Onboard Delivery nennt das die US Navy, abgekürzt: COD. Diesen Job wird die Greyhound allerdings bald abtreten: Läuft alles nach Plan, fliegt die C-2A nur noch bis 2026. Dann bleibt der letzte Windhund der C-2A Staffel im Hangar stehen, wird entweder verschrottet oder kommt in die Wüste nach Tuscon in das Aircraft Maintenance And Regeneration Center (AMARC), um bei Bedarf für einen Notfall oder Kriseneinsatz wieder abheben zu können.

Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (18)

Andrea Ege

Die C-2A schafft im Einsatz bis zu 4,5 Tonnen Nutzlast, das maximale Startgewicht liegt bei knapp 25 Tonnen.

Fliegerische Vielseitigkeit

Etwas über 20 Greyhounds sind derzeit noch im Einsatz – und blicken auf eine erfolgreiche Ära zurück. Das Transportflugzeug wurde von Anfang an als vielseitiges Nutztier konstruiert. Seit dem Vietnamkrieg schon sind C-2A für die Navy unterwegs. Außerhalb der COD-Einsätze waren die fliegenden Windhunde unter anderem am Persischen Golf wichtiger Versorgungsbestandteil der US-Operationen Desert Shield und Desert Storm. Auch bei der Operation Enduring Freedom in Afghanistan mischten sie mit. Bis zu 4.500 Kilogramm bewegen die Flieger mit ihren Allison T56-Turboprop-Motoren und den nachgerüsteten NP2000-Achtblatt-Propellern durch die Luft. Dabei fliegen sie je nach Bedarf entweder Fracht oder Passagiere – oder beides gleichzeitig. Der Innenraum ist flexibel konstruiert und auch für medizinische Evakuierungen einsatzbereit. Ein Käfigsystem und Transportständer helfen, die Ladung während des Katapultstarts zu stabilisieren. Die hintere Laderampe ermöglicht schnelles Be- und Entladen. Flüge mit offener Rampe bringen Passagiere und Fracht zur Not auch ohne Landung ans Ziel. Klappbare Tragflächen sparen Platz an Deck, die bordeigene Hilfsgasturbine macht die C-2A unabhängig von externer Flugplatzinfrastruktur.

Rückwärts sitzen

Ja, die Greyhound hat ihre Stärken. Zweifellos. Aber wie schon zu Beginn erwähnt: Komfort gehört definitiv nicht dazu. Die Passagiersitze sind hart, verkratzt und sporadisch mit Graffiti verziert. Militärische Schwimmwesten, Helm, Ohrenschützer und die von beiden Sicherheitsoffizieren aus Sicherheitsgründen zweimal sehr (!) fest angezogenen Gurte verbreiten kurz vor dem Start nicht gerade Behaglichkeit. Wagt man es, sich in dem schmalen Raum zwischen Frachtmassen und Flugzeugrumpf Richtung co*ckpit zu zwängen, erkennt man sofort: Auch die Piloten arbeiten eng an eng. Fluggäste sitzen in der C-2A übrigens mit dem Rücken zur Flugrichtung.

Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (19)

Andrea Ege

Die Passagiere sitzen in der C-2A entgegengesetzt zur Flugrichtung - ein ziemlich ungewohntes Gefühl.

Spezielles Ruderdesign

1964 startete der Prototyp der C-2 Greyhound seinen Jungfernflug, gefolgt von der Produktionsaufnahme im Jahr 1965. Bei seinem Entwurf wurde der Windhund mit vier Seitenleitwerken ausgestattet. Der Grund: Ein einzelnes Ruder, groß genug für eine angemessene Richtungssteuerung, wäre zu hoch gewesen für die Flugzeugträger-Hangars. Die Ruderflächen sind bewusst so platziert, dass sie im Luftstrom der Propeller liegen. Dies ermöglicht eine präzise Steuerung, insbesondere bei niedrigen Geschwindigkeiten während Start und Landung. Von den vier Stabilisatoren sind jedoch nur drei aktiv. Am inneren linken Stabilisator fehlt ein Ruder.

Ab 1973 wurden die ursprünglichen C-2A-Modelle runderneuert, um ihre Einsatzdauer zu verlängern. Bis 1987. Dann wurden sie außer Dienst gesetzt, da seit 1984 bereits 39 Exemplare der sogenannten "Reproduced" C-2A unterwegs waren, die mit Verbesserungen in Struktur und Avionik punktete. Die letzte Maschine der neuesten Baureihe verließ 1990 das Werk.

4500 Mann, 75 Flugzeuge, ein HundHinter den Kulissen des Flugzeugträgers Gerald R. Fordmehr lesen

Kipprotor-Nachfolger im Nacken

Bei der normalerweise rund sechs Monate dauernden Versorgung eines Trägers mit zwei Flugzeugen fallen rund 1000 Flugstunden an. Transportiert werden per definitionem "dringende" Güter. Das kann alles sein, von Ersatzteilen über Post und Versorgungsgüter bis hin zu Düsentriebwerken. Ebenfalls Teil der Aufgabe: medizinische Evakuierungen. Dies gehört mit zu den Gründen, warum künftig die Bell Boeing MV-22 Osprey die Einsätze übernehmen soll. Bei dem Kipprotorflugzeug fällt der Katapultstart weg – was wiederum die Belastung für den Rumpf verringert und den Transport von medizinischen Notfällen leichter macht.

Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (21)

Navy Media Content Services

Und los! In zwei Sekunden beschleunigt das Katapult des Flugdecks die C-2A aus dem Stand auf Abhebegeschwindigkeit.

Warten auf den Schrei

Seitdem läuft der Countdown für die altehrwürdige Grumman Greyhound. Doch bis zur endgültigen Außerdienststellung wird sie zuverlässig weiter ihren Dienst verrichten. Allerdings ist eines klar: Nur noch wenige zivile Passagiere werden bis dahin die Wucht eines Katapultstarts spüren, bei dem ein 25 Tonnen schweres Flugzeug in zwei Sekunden von 0 auf 240 km/h beschleunigt wird. Das ist auch den jetzt den auf ihren Sitzen festgezurrten Passagieren für den anstehenden Rückflug nach Sizilien bewusst. Umso mehr vermischt sich kurz vor dem Take-off die Nervosität der Passagiere mit erwartungsvoller Spannung. Und die wächst, von Minute zu Minute, so wie das vibrierende Crescendo der T56-Turboprops immer gewaltvoller an der Kabine rüttelt. Bis endlich der gemeinsame Schrei der beiden Sicherheitsoffiziere ertönt – lauter noch als das Kreischen der Motoren, laut genug, um die Ohrenschützer zu durchdringen: "Here we goooo!".

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (22)

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogenen Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzbestimmungen.

Achterbahn? Kinderfasching!

Was dann kommt, stellt alle Achterbahnen dieser Welt in den Schatten. Für einen kurzen Moment fühlt es sich an, als drängen die Augäpfel aus dem Kopf, bevor der Katapulthaken sich löst und die Greyhound aus eigener Leistung an Höhe gewinnt, um den aus über 20 Kriegsschiffen bestehenden NATO-Verband Neptune Strike Richtung Sigonella Naval Air Station auf Sizilien zu verlassen.

zur Startseite

Wilder Ritt mit dem Lastenesel: Wie fühlt sich ein Katapultstart in der C-2 Greyhound an? (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Terence Hammes MD

Last Updated:

Views: 6363

Rating: 4.9 / 5 (49 voted)

Reviews: 88% of readers found this page helpful

Author information

Name: Terence Hammes MD

Birthday: 1992-04-11

Address: Suite 408 9446 Mercy Mews, West Roxie, CT 04904

Phone: +50312511349175

Job: Product Consulting Liaison

Hobby: Jogging, Motor sports, Nordic skating, Jigsaw puzzles, Bird watching, Nordic skating, Sculpting

Introduction: My name is Terence Hammes MD, I am a inexpensive, energetic, jolly, faithful, cheerful, proud, rich person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.